Heute bin ich zufällig über ein sehr lokales Problem in Wien gestoßen.
Die am stärksten befahrene Straße Österreichs A23, die gefürchtete Süd-Ost-Tangente soll mit der S1 Lobau verbunden werden. Quer durch die Stadt.
Für alle Nicht-Wiener und Nicht-Autofahrer: die A23 war für mich schon vor ca. 20 Jahren einer der wesentlichsten Kündigungsgründe. Ich hatte da pro Tag ca. 45 Minuten Fahrzeit, pro Richtung, und das obwohl ich relativ spät angefangen und noch später (oft Mitternacht!) aufgehört hatte in meinem ersten Job.
Hier ein sehr einfaches Erklärvideo
Bürgerinitiative klagt schon vor dem VwGH
Eine Bürgerinitiative klagt schon vor dem Verwaltungsgerichtshof, auch Privatkosten in Privatzeit.
Währenddessen werden munter weitere "Vorbereitungen" getroffen.
Es ist absehbar, dass die Beamten und Unternehmen den längeren Atem haben, denn schließlich müssen die Aktivisten das alles in Ihrer Freizeit bzw. Urlaubszeit machen.
Wieso noch eine Stadtautobahn, wenn Öffi versprochen?
Der Plan hat sich toll angehört (Webarchiv 6.12.19)
- 40 Prozent Radfahren und Gehen
- 40 Prozent öffentlicher Verkehr
- und nur 20 Prozent Autoverkehr.
Das wurde für die die Seestadt versprochen. Der umweltfreundliche Verkehr sollte in den Mittelpunkt rücken.
- eine U-Bahn-Linie mit zwei Stationen
- eine S-Bahn-Station
- sieben Buslinien aus allen Himmelsrichtungen
- eine Straßenbahn
sollten für erstklassige öffentliche Anbindungen sorgen.
Jetzt schaut die Sache etwas anders aus.
Petition
Es gibt eine Onlinepetition, die seit Februar 2019 "genehmigt" ist und traurige 89 Unterschriften hat. Und das obwohl mit Handy-Signatur gezeichnet werden kann.
Fragt mich nicht, wie ich da hingekommen bin, aber die Landingpage schaut halt echt mies aus auf der Magistrat-Seite, einfach eine Tabelle wie hier
Kurzbeschreibung | Aufforderung der überparteilichen und parteiunabhängigen „Initiative Lebenswerte Seestadt“ und „Rettet die Lobau“ zur Erhaltung der Lebensqualität in der Seestadt. Die Einhaltung des richtungweisenden Verkehrskonzepts der Seestadt (aspern mobil) wonach der Individualverkehr nur 20% des gesamten Verkehrs ausmachen soll steht in direktem Zusammenhang mit Lärm- und Luftverschmutzung in der Seestadt. |
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Petitionstext | Die Stadtverwaltung möge andere Verkehrslösungen als die geplante Schnellstraße „Stadtstraße Aspern“, die S1-Spange Seestadt und die Lobauautobahn zur Umsetzung bringen. Diese Bauvorhaben bewirken massiven Ausweichverkehr auf Schleichwegen durch die Seestadt. Wir fordern mehr Schutz vor Rasern und Pendlerverkehr für unsere Bewohner. Forderungen: 1. Der absehbare „Autobahn-Ausweichverkehr“ durch die Seestadt muss aktiv unterbunden werden! Dabei stehen die Wohnstraßenqualität der Seestadt und die Vermeidung der Überhitzung im Sommer im Mittelpunkt. Mehr Sträucher und Bäume sollen das Mikroklima und die Aufenthaltsqualität der Seestadt verbessern! 2. Die S80 soll rascher als die Stadtstraße Aspern und die Autobahn S1 errichtet werden und die Intervalle gemeinsam mit der U-Bahn verdichtet werden. 3. Das mit den Klimaschutzzielen kompatible Verkehrskonzept der Seestadt (aspern mobil) soll verpflichtend umgesetzt werden, dabei müssen neue öffentliche Verkehrsmittel errichtet werden, welche die Seestadt auch Richtung Norden (Breitenlee) und Osten (Neu-Essling, Schafflerhof) vernetzt. Der absehbare Pendlerverkehr muss frühzeitig an der Stadtgrenze auf Schnellbahn und U-Bahn (oder Straßenbahn) verlagert werden. 4. Die Stadtverwaltung verpflichtet sich zu regelmäßigen Messungen von Feinstaub- und Lärmpegeln und informiert die Bewohner |

Und in dem PDF "Petitionsformular" werde ich dann plötzlich auf andere Quellen und die "Bürgerinitiative Rettet die Lobau" aufmerksam. Da hab ich bis 2006 zurück Aktivitäten gesehen!
Umweltorganisation VIRUS
Bei der Recherche bin ich auf Wolfgang Rehm gestoßen, der seit über 30 Jahren gegen viele Projekte aktiv ist.
Seit 33 Jahren wirft er den Mächtigen Knüppel zwischen die Beine. So gut er eben kann. Denn die Knüppel sind mickrig und die Mächtigen viele. Doch hie und da bringt er sie zum Stolpern. Und manchmal sogar zum Fallen.
Er kennt wohl nach so vielen Jahren die Tricks der Gegner.
- Verfahren werden verzögert
- Fristen fallen in die Urlaubszeit
- Termine werden aneinandergereiht
- Unterlagen unmittelbar vor der Verhandlung eingereicht werden, sodass er und seine Gutachter keine Möglichkeit mehr haben, sie zu überprüfen. Das ist eine übliche Taktik von Rechtsanwälten. Gerichte lassen hier oft wenige Tage, in Schnellverfahren sogar den Vortag zu.
...eben alles um die Gegenseite zu zermürben.
Die Umweltverträglichkeitsprüfung sei in Österreich lediglich ein Abnickverfahren, einmal beschlossen, ist es fast unmöglich, ein Projekt aufzuhalten. "Auf der politischen Ebene ist alles möglich, auf der rechtlichen ist es schwer. Wenn der positive UVP-Bescheid einmal da ist, interessiert sich keiner mehr was nachher passiert", erzählt Rehm.
"Es kommt immer wieder vor, dass Auflagen nicht eingehalten werden. Es gibt keine wirksame Nachkontrolle hinterher. Das Monitoring, das vorgeschrieben wird, ist in den meisten Fällen zeitlich befristet. Und irgendwann kümmert sich keiner mehr darum."
Quelle: Wiener Zeitung, abgefunden 6.12.2019
Die Initiative "VIRUS" (ich mag den Namen nicht besonders) ist hier im WUK angesiedelt, aber auch hier schein etwas technisch kaputt zu sein...

VIRUS - Verein Projektwerstatt für Umwelt und Soziales
...aber Wolfgang Rehm ist weiterhin sehr aktiv - wie sich z.B. im OTS zeigt
Ich hab ihm mal ein Mail geschickt.
Eine Übersicht und mehr Details?
Ich habe versucht auf diversen Seiten eine genaue Übersicht zu finden, aber wie so oft ist das wohl in irgendwelche Einzeldiskussionen in der Facebook-Gruppe oder Seite.
Generell wirkt es so auf mich, als ob es zu vielen Aktionen, Vereinen, Initiativen sehr viele verschiedene, fragmentierte Aktivisten gibt.
Die Webseiten sind teilweise kaputt, mit altertümlichen HTML 1.0, Frames und Marquees gebaut, eben "was man gerade schafft oder kennt".
Demgegenüber stehen Behörden mit endlos Zeit und (Steuer-)Geld, und professionelle Werbe- und PR-Agenturen.
Manche Aktivisten sind seit Jahrzehnten aktiv, und es wird Zeit für Unterstützung.
Es ist erfreulich zu sehen, dass es "frisches Blut" gibt. Nicht nur in der GenZ oder noch jünger, sondern eben auch bei GenX wie mir und Millenials, um bei den üblichen "Generationsbegriffen" zu bleiben.
Es wird Zeit, dass mehr passiert.
Zu diesem Thema ein paar Quellen zur weiteren Recherche...
- https://www.facebook.com/bnwn.nordost/
- https://www.verkehrswende.at/
- Bürgerinitiative Rettet die Lobau
- https://www.facebook.com/StopLobauAutobahn/
- https://www.verkehrswende-jetzt.at/
- Pressekonferenz der INITIATIVE VERKEHRSWENDE JETZT!
- http://www.hirschstetten-retten.at/